Samstag, 7. Juli 2012
Kurz nach 8.30 Uhr fuhren wir alle von unserem Ferienhaus im Dorf Ustje, das sich an einer Krümmung der Wolga nach Süden befindet, ab. Heute stand uns eine sehr lange Tour bevor, 85 Kilometer. Bilder zum 6. Tourtag gibt es wieder in der Bildergalerie zur Goldener Ring Radtour.
Wer noch mal wissen will, was gestern geschah, kann hier das Tagebuch zum 5. Reisetag nachlesen.
Nach dem Frühstück meine Sachen zu packen und auch sonst mich auf die Abfahrt vorzubereiten brauchte viel Zeit. Ich war einer der letzten, die zur Abfahrt fertig wurden. Morgens duschte ich mich. Ich kam mit der Dusche nicht ganz klar. Andere von uns auch nicht. Wie bedient man die? Mehrere Knöpfe. Keine Beschreibung hier. Wladimir fragte ich, er wusste es auch nicht. Wir fanden es nach längerem Probieren noch heraus. Es gab auch Düsen, die einen von der Seite bespritzen. Problem hier war: Es gab keine Handtücher. Meines war schon so lange auf der Tour benutzt; keine ausreichende Zeit gehabt, es in Djomino auch zu waschen und zu trocknen, in Anbetracht der anderen Wäsche, die zu waschen war.
Wir fahren also alle los, zuerst den Weg zurück, den wir gekommen waren, bis zu der Kreuzung, an der es einen Brunnen gibt, an dem wir gestern abend noch gestanden haben und sich Wladimir erfrischt hatte. Doch dann fuhren wir nicht zurück zur Hauptstraße, sondern geradeaus weiter, quasi etwa parallel zur Hauptstraße. Die Absicht unserer Tourleiter war es, ungestört von Autos zu fahren.
Wir kamen an die Kirchruine, die wir gestern vom Strand aus schon gesehen hatten. Ein sehr schönes Fotomotiv, auch in schwarz-weiß. Die Kameraleute unserer Gruppe freuten sich. Und dann war da die Eisenbrücke, die ich schon vom Foto kannte, das mir Tourleiter Wladimir voriges Jahr geschickt hatte. Toll! Mit dem Rad über die Treppe der Brücke.
Wladimir blieb bei uns, bei den letzten, denn er machte hier von jedem ein Bild, wie sie oder er die Treppe von der Brücke runterfährt. Er sollte auch am Ende fahren, damit keiner verloren geht. Er mahnte dann, wir hätten einen schweren Weg heute. Sollte heißen, wir sollten nicht bummeln.
Die Brücke geht über den Fluss Itj, der dann gleich in die Wolga fließt (sieht man auf dem obenstehenden Foto). An der Mündung steht die Kirchruine.
Wir fuhren einen Anstieg hoch. Dahinter an einer Wegkreuzung wartete die Gruppe. Wir fuhren nach rechts weiter einen Weg durch etwas Wald, dann wurde die Wolga wieder sichtbar.
Jetzt fuhren wir durch eine Ortschaft, sammelten uns an einer Straßenmündung, wo Wladimir und Dmitri Zeit hatten, sich zu verständigen, wie sie fahren wollten. Schwierig nachträglich anhand einer Karte zu sagen, wie der Ort hieß. Entlang der Wolga hier schließt sich ein Ort an den anderen an.
Wir fuhren zu einem Frauenkloster. Unsere Gruppe war, als wir hier ankamen, zufällig schon etwa zweigeteilt. Wladimir war hierbei nicht mehr am Ende der Gruppe. Mit ihm war ein Teil der Gruppe, nämlich der vordere, und mit Wladimir der andere Teil, auch Tracy und ich. Ich dachte, wir besichtigen jetzt dieses Kloster planmäßig und auch die Kirche hier mit grüner Kuppel.
Doch wir waren nicht willkommen geheißen. Eine Nonne im schwarzen Gewand schimpfte, was wir hier zu suchen hätten. Wir könnten doch auch um das Kloster herumfahren, anstatt hindurch. Vermutlich fand sie es sehr unanständig, dass wir in kurzen Hosen waren (und so bunt). Jeder Teilnehmer unserer Gruppe verstand den Ärger der Nonne. Hier zeigte sich, dass diese Tagesetappe nicht richtig geplant worden war. Oder was passieren kann, wenn man vom Plan abweicht bzw. die personelle Führung der Gruppe nicht klar ist (Abstimmungsfehler). Vor allem musste sich Wladimir als der Verantwortliche für unsere Gruppe den Ärger der Nonne anhören und konnte natürlich kaum etwas entgegnen. Das war hier kein öffentliches Gelände. Bei Google Maps fand ich in einer größeren Auflösung noch dieses Kloster, aber ohne Namen.
Die Idee, hier hindurch zu fahren, kam wohl von Dmitri. Er war mit seiner Gruppe auch voll hindurchgefahren, wie Teilnehmer erzählten, und zwar ohne aufgehalten worden zu sein, ohne dass es wegen kurzer Hosen Ärger gegeben hätte. Wladimir hat dann, als wir noch auf dem Gelände standen und abwarteten, mit Dmitri telefoniert und wir sind schließlich zurückgegangen oder gefahren, bis vor das Tor. Dort warteten wir, bis Dmitri mit seiner Gruppe ankam, mit dem Rückweg durch das Klostergelände. Tracy sagte mir, es wäre vielleicht besser gewesen, wenn wir, der Rest, einfach schnell weiter hindurch gefahren wären, anstatt abzusteigen und uns das Geschimpfe anzuhören und sich auf eine Diskussion einzulassen.
Ja, das denke ich auch. Das hätte uns bei weitem nicht so viel Zeit gekostet.
Es gab also wohl wieder eine kurze Besprechung zwischen Wladimir und Dmitri, was vorgefallen war, ebenso zwischen den beiden Gruppen einen Austausch.
Wir fuhren jetzt um das Kloster von Osten nördlich herum auf die westliche Seite, vorbei an einem schönen grünen Tor in der weißen Klostermauer auf der Westseite. Wladimir kannte sich hier im Ort nicht aus und fragte gleich am Anfang noch einen älteren Mann, der mit einem heubeladenen Fahrrad daherkam, ob wir hier auf dem Weg um das Kloster fahren könnten. Dmitri hatte übrigens ein GPS-Gerät und einen Straßenatlas der Gegend, der detaillierter war (den ich gestern hätte in Tutajew kaufen können). Allerdings nicht die neueste Auflage, denn es fehlt die neue Brücke in Jaroslawl über die Wolga, die nördlichere. Einen Atlas mit der Karte hatte ich auf dem Markt in Tutajew gesehen, mich mit dem Buchverkäufer unterhalten und der hatte mir beschrieben, wie ich in Jaroslawl zum Fluss-Bahnhof komme.
Wladimir wollte jetzt zurück zur Straße. Aber Dmitri wollte auf dem Weg bleiben, näher an der Wolga, durch das Dorf, oder die Dörfer. Das war der angenehmere Weg. Er sagte auch, er fährt lieber solche Wege, teilweise sandig oder mit Gras, als auf der Straße. Innerlich gab ich ihm Recht. Allerdings eben kam es so auch zu einem Missgeschick...
Ein Blick auf die Karte bei bei der russischen Suchmaschine Yandex zeigt, dass die Wegfindung nicht einfach ist. Eine klare Linie nach Jaroslawl bietet nur die Straße.
Die beiden diskutierten eifrig. Wladimir hatte, wie gesagt, das GPS-Gerät und den Atlas und war sicher, dass man hier weiter käme (Allerdings hätte die kleine Holzbrücke, die später kam, auch so stark kaputt sein können, dass sie für uns unpassierbar war. Dann hätten wir doch wieder (jedenfalls teilweise, aber nicht voll) zurückfahren müssen.). Dima setzte sich schließlich durch.
Die waren waren jetzt etwas verunsichert und hofften, dass wir hier durchkamen mit der Trail-und Error-Methode (Versuch- und Fehler-Methode). Weiter den holprigen Weg entlang, am Ende des Dorfes Wiesen, Büsche. Es war nicht klar, ob wir richtig waren. Wladimir fuhr mit Dima dann am Anfang der Gruppe. Sie gingen teilweise verloren für den größten Teil der Gruppe.
An einer Weg-Kreuzung im hohen Gras hatte ich auch mal den Anschluss verloren, weil vor mir Ilana den Weg versperrt hat. Schnell fuhren wir hier im Gras nicht. Das nervte mich und deswegen sah ich zu, bei nächster Gelegenheit an Ilana vorbeizukommen und an Jesse, der vor Ilana fuhr. Denn der Junge hat den Anschluss verloren. Ich fuhr an der Kreuzung auf gut Glück und sah die Führenden dann wieder.
Wir verloren hier im Grasland neben der Wolga weiter Zeit. Es war vermutlich nicht eingeplant gewesen, dass wir auf solchen Wegen fahren. Das war eine spontane Entscheidung, letztlich wohl von Dmitri (siehe oben).
Ich zeige hier mal eine Yandexkarte von diesem Abschnitt ab dem Fluss Itj bis zur Brücke nach Jaroslawl. Da kann man erahnen, dass es ein Irrgarten ist, durch den der Weg zu finden ist, soweit man der Hauptstraße weiter weg von der Wolga fern bleiben möchte:
https://maps.yandex.ru/?text=Uste&sll=13.401993%2C52.514919&sspn=0.610566%2C0.330772&ll=39.792972%2C57.761026&spn=0.115013%2C0.037388&z=14&l=map
Als wir das Dorf hinter uns gelassen hatten und über eine beschädigte Fußgänger-Holzbrücke unser Rad geschoben hatten, kamen wir auf einen sandigen Weg zurück, wo das Gras zurückwich.
Von hier aus sahen wir die neue Brücke nach Jaroslawl gut (Die ist in Google Maps im Oktober 2012 noch nicht eingetragen). Man hätte direkt auf sie zu weiterfahren können. Da gab es dicht am Fluss eine Treppe. Es wurde überlegt, das zu tun oder über die Straße zu kommen. Auf dem Programm stand ja ein Besuch des Stadtkerns von Jaroslawl. Angekündigt war ja am Abend zuvor von Wladimir, dass wir entweder den Zoo in Jaroslawl besuchen oder einen Turm raufsteigen können und einen Rundblick genießen könnten.
Dmitri entschied, dass wir nicht nach Jaroslawl reinfahren. Wir haben jetzt schon soviel Zeit verloren. Die müssten wir wieder einholen. Wir sammelten uns. Zum Schluss kam Paul mit seiner Familie.
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